Corona-Auswirkung auf die unterfränkische Rohrindustrie
Als Unterfranke, welcher in der Vergangenheit bei einem IT-Dienstleister mit Kunden in der Rohrindustrie gearbeitet hat, kam mir am Wochenende spontan die Idee zu schauen, wie es unserer Rohrindustrie denn so ergangen ist.
Da es erstaunliche Unterschiede zwischen diesen für unsere Region wichtigen Betrieben gibt, dachte ich mir, ich fasse es mal schön in einem Artikel zusammen.
Otto Kirchner Beteiligungen SE (Mutterkonzern der Fränkischen Rohrwerke)
Die FRÄNKISCHE Rohrwerke Gebr. Kirchner GmbH & Co. KG sind eine Tochterfirma der Otto Kirchner Beteiligungen SE - daher schaue ich mir den Mutterkonzern an.
Bilanzsumme 2020 335 Millionen, erwirtschaftete einen Verlust von 4 Millionen, 2019 gab es noch einen Gewinn von fast 7 Millionen.
Das Eigenkapital ging zudem von fast 31 auf 27 Prozent zurück. (Mit anderen Worten: Die Gläubiger finanzieren hauptsächlich die Firma. Im Westen leider oft so, bei japanischen Firmen würde sich die Kirchner Familie aber wundern, dort sind mehr als 50 Prozent Eigenkapital üblich - was altmodische Value-Investoren bevorzugen)
Aus Sicht eines außenstehenden Investors sieht das katastrophal aus und wären die Fränkischen eine gelistete Aktiengesellschaft, hätte es vermutlich einen ordentlichen Kursrutsch gegeben.
Da in der Konzernbilanz deutlich steht, dass es durch Corona einen sinkenden Umsatz in der Automobilsparte gab, während im Baubereich keinerlei größere Probleme die Runde machten, dürfte hier das Fazit sein, dass der Industrie und Automobilbereich zu stark gewichtet und es im Konzern zu wenig Diversifikation gibt.
Zudem scheint mir die Kapitalrendite des Vorjahres relativ bescheiden im Vergleich zu ein paar anderen Unternehmen hier in der Region zu sein. D.h. der Fränkischen fällt das Wachstum schwer.
Daneben sollte man noch beachten, dass das Geschäftsjahr nur vom 01.05.2019 bis zum 30.04.2020 geht. Es könnte danach also noch schlimmer geworden sein.
Insgesamt bin ich nach dem Vergleich mit anderen Firmen hier in der Region von der Fränkischen enttäuscht. Man hört Leute immer wieder positiv von dieser Firma reden, jedoch passen die Finanzzahlen nicht ganz so dazu, nicht nur das - die Firma scheint in der Realität eher zu den Underperformern zu gehören.
UNICOR GmbH
Jahresüberschuss verringerte sich von 894 tausend auf 416 tausend Euro, Bilanzsumme gerade mal 10 Millionen, Eigenkapitalquote mit 35 Prozent besser als bei Otto Kirchner.
Die Firma nennt die Maschinenbauindustrie als Verursacher.
Maincor Rohrsysteme GmbH & Co. KG
Bilanzsumme fast 34 Millionen, Jahresüberschuss 5.4 Millionen, ein Wachstum von den 3 Millionen in 2019. Das ist nicht alles: Eigenkapitalquote ist von 51.5 auf 56 Prozent gestiegen!
Diese Firma musste im August 2013 Insolvenz anmelden, steht jetzt aus Sicht der Kennzahlen nicht nur besser da als Unicor und Fränkische, sondern rennt der Konkurrenz ja fast schon mit einem beeindruckendem Wachstum davon.
Im Gegensatz zu den beiden vorigen Unternehmen setzt die Maincor stärker auf den Bausektor, diesen geht es besser denn je und dementsprechend könnte es ein Grund für den Erfolg sein.
Uponor Oyj
Zwar kein in der Region gegründetes Unternehmen (sondern eine finnische Aktiengesellschaft) und auch größer als der Rest, allerdings hat das Unternehmen ja einen Standort in Haßfurt und eine gemeinsame Vergangenheit mit der Maincor.
Eigenkapitalquote von 40 Prozent gestiegen von 37 Prozent im Vorjahr, Wachstum des Ergebnis von 52 Millionen auf fast 89 Millionen.
Ähnliches Geschäftsmodell wie das der Maincor - der Immobilienwirtschaft geht es gut und diese beiden Unternehmen profitieren davon.
Im Gegensatz zu den anderen Unternehmen kann man hier auch als kleiner Aktionär Anteile erwerben. Hierzu laden eine Dividendenrendite von über 3 Prozent ein.
Vergleich mit anderen Industrien
Rösler Holding GmbH
Spielt mit einer Bilanzsumme von 328 Millionen in gleichen der Liga wie die Fränkische, ist aber mit einem Jahresüberschuss von fast 9 Millionen in 2020 und 20 Millionen in 2019 um Welten profitabler und auch die Eigenkapitalquote von gut 69 (2019) bzw. 67 (2020) Prozent spielt in einer komplett anderen Region. (Da muss man sich ja fast schon fragen, ob den Unternehmern die Funktion von Fremdkapital als Wachstumsbeschleuniger bekannt ist…)
Hier hat man zwar auch ordentliche Rückgänge verkraften müssen, ist aber finanziell stark genug aufgestellt um das theoretisch sogar über mehrere Jahre ertragen zu können.
Funfact: Die DS Holding, welche Zuschauern der VOX-Sendung “Höhle der Löwen” bekannt sein sollte, hatte in 2019 eine Bilanzsumme von fast 147 Millionen, Gewinn von fast 7 Millionen und eine Eigenkapitalquote von 37.5 Prozent. D.h. Rösler ist mehr als doppelt so groß wie Ralf Dümmels Produktspezialist.
Fazit
Die Maschinenbau- und Automobil-Industrie fokussierenden Betriebe ging es in letzter Zeit ziemlich beschissen. Zulieferer der Immobilienwirtschaft freuten sich über zusätzliches Wachstum und ich persönlich verstehe nicht, warum wir in Unterfranken so viele Röhrleproduzenten haben - sobald die Familie Kirchner mal ihre Eigenkapitalquote verbessert haben, könnte doch eine Übernahme der Maincor die Gesamtbilanz verbessern und die Unicor sind auch klein genug, dass man das mal schlucken könnte… (Verbessern der Eigenkapitalquote und Finanzieren der Übernahme würde durch ein Einbringen von externen Investoren durch z.B. einen Börsengang gehen)
(Ich habe es mir bei diesen Analysen einfach gemacht und den Jahresüberschuss der Holding-Gesellschaften genommen. Natürlich ist es durchaus möglich bzw. höchst wahrscheinlich, dass der tatsächliche Gewinn der Unternehmen höher lag und durch zusätzliche Investments kleiner wurde.)
Als Nächstes könnte ich mir eine andere Branche mit zu vielen Betrieben anschauen - die Ansammlung von ERP-Buden wäre vielleicht interessant… Min. Einer von denen plant einen Börsengang…
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